Am Anfang stand Wohnungsnot
Die Eisenbahner des vergangenen Jahrhunderts waren Pioniere. In Bremen befand sich die Bahn in der Aufbauphase, viele ihrer Handwerker, Angestellten und Beamte wohnten unweit der Schienenstrecken in Findorff. Der Wohnraumbedarf jener Zeit konnte nicht mit dem Angebot Schritt halten. Die Mieten stiegen, vermietet wurden teilweise die letzten Löcher.
Die Eisenbahner um den Schmied Heinrich Helmbrecht wußten um die Genossenschaftsbemühungen Hermann von Schulze-Delitzsch und Friedrich Raiffeisen. Und sie erkannten die Möglichkeiten des Genossenschaftsgesetzes, das gerade erst in Kraft getreten war.
Am 30. Juli 1893 konnte Heinrich Helmbrecht in den Centralhallen 57 seine Kollegen von der Eisenbahn begrüßen. Mit ihnen gemeinsam gründete er die “Eisenbahn Spar- und Bauverein Bremen eG” und wurde zum Vorsitzenden des Vorstandes gewählt. Dies geschah selbstverständlich in ehrenamtlicher Funktion. Und damit begann der Aufstieg einer erfolgreichen Genossenschaft.
“Beim Torfbassin”, an der heutigen Eickedorfer Straße, wo früher einmal die Torfkähne aus dem Moor anlandeten, erstellten die Eisenbahner ihre ersten Häuser. Und noch vor der Jahrhundertwende wurden daraus 44 Häuser mit 79 Wohnungen. Die ehrenamtliche Verwaltungsarbeit wurde am Sonntag erledigt, ebenso das Kassieren der Mieten.
Einen kräftigen Schub in der Entwicklung unserer Genossenschaft brachte die Zusammenarbeit mit der Pensionskasse der Preußisch-Hessischen Eisenbahn. Durch die von ihr zinsgünstig bereitgestellten Kredite wurden viele Häuser und Wohnungen an der späteren Grünberg- und Buddestraße gebaut sowie das Gelände für den Breitenbachhof in Gröpelingen erworben. Auch an der Winterstraße entstanden besonders schön gelegene Mehrfamilienhäuser.
Mit ihnen stieg die Bilanzsumme auf über 2 Mio. Mark, zur Verwaltung wurde das Geschäftszimmer eingerichtet. Mehr als 900 Mitglieder hielten damals beinahe 1000 Geschäftsanteile und 30.000 Mark Spareinlagen, als der 1. Weltkrieg die Weiterentwicklung jäh unterbrach.
Eigene Häuser für die Eisenbahner in Hemelingen
Die Aufgaben der Genossenschaft waren stets dreigeteilt. Für die Mitglieder wurden Mietwohnungen gebaut, ihre Spareinlagen zinsgünstig angelegt und sogenannte “Erwerbshäuser” verkauft.
Besonders aktiv war dabei die “Dependance” unserer Genossenschaft, der “Eisenbahn-Heimstätten Bau- und Sparverein Hemelingen”, der bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges 120 wunderschöne Ein- und Zweifamilienhäuser an die damals so genannten “Hauseigner” verkaufte.
Auch in Hemelingen wurden Mietwohnungen gebaut, unter ihnen die Schloßparksiedlung. Erst 1940 gemeindete Bremen die kleine preußische Ortschaft Hemelingen ein, dadurch ergab sich die Gelegenheit zum Zusammenschluß der beiden Genossenschaften.
Bis dahin hatte sich die Genossenschaft in Findorff ebenfalls wesentlich ausgeweitet. An der Borgfelder Straße und der Herbststraße, an der Eickedorfer Straße, der Hemmstraße und der Katrepeler Straße waren Wohnungen entstanden, der Breitenbachhof in Gröpelingen fertiggestellt. Die Gesamtzahl der Wohnungen stieg auf über 1200.
In diese Zeit fällt auch die Ausgabe der ersten festverzinslichen Schuldverschreibungen, die für die Genossenschaftsmitglieder eine sichere Vermögensanlage und für die Genossenschaft willkommenes Baugeld darstellten.
Max Gundelach, Eisenbahn-Betriebsingenieur, gestaltete die Arbeit unserer Genossenschaft ganz wesentlich. Er gehörte dem Aufsichtsrat und dem Vorstand rund ein halbes Jahrhundert – von 1905 bis 1954 – an.
50 Jahre alt – und an den Grundfesten getroffen
Mit der “Machtübernahme” 1933 kam für alle Genossenschaften die Gleichschaltung. Verdiente und bewährte Mandatsträger aus Aufsichtsrat und Vorstand verloren aus politischen Gründen ihre Positionen.
Mit der wirtschaftlichen Scheinblüte stieg die Zahl der Mitglieder. Es entwickelte sich dabei eine rege Bautätigkeit.
Mit dem 50. Geburtstag der Eisenbahn Spar- und Bauverein eG begann das dunkelste Kapitel. Allein die Geschäftsstelle wurde zwischen 1943 und 1945 viermal ausgebombt, zerstört, verbrannt, geplündert.